Kari, abwägend: Menschen, die sich nach Festtagen oder während Corona auf die Waage stellen, nennt man waagemutig.
Miasmen. Sie sind vermutlich zu jung, um sie noch erlebt zu haben, aber gehört haben Sie vielleicht davon. An Miasmen glaubte man bis ins 19. Jahrhundert: krankheitsverursachende Materie, die durch faulige Prozesse in Luft und Wasser entsteht. Begründer der Miasmentheorie war Hippokrates. Er postulierte «giftige Ausdünstungen des Bodens, die mit der Luft (vgl. «Mal-aria»!) fortgetragen werden und so zur Weiterverbreitung von Krankheiten beitragen». Warum das interessant ist? Weil die für Hippokrates und Zeitgenossen logische Therapie hiess: Lüften, lüften, lüften. Die Doctores früherer Jahrhunderte hätten die heute noch wirksamste aller Therapien gegen Corona – frische Luft – ganz intuitiv eingeführt, ohne das Geringste über Viren zu wissen. Schon bemerkenswert: bis zur Entwicklung von potenten Impfstoffen hatte auch unsere moderne Medizin nicht viel mehr anzubieten als Frischluft (und Alkohol zum Desinfizieren). Klar sind wir heute wissenschaftlich weiter als vor Jahrhunderten. Aber sooo viel nun auch wieder nicht.
Wir erleben gerade das Entstehen einer Zweiklassengesellschaft: die Geimpften und die Ungeimpften. Natürlich werden sie unterschiedliche Rechte haben – beim Reisen, bei Kulturveranstaltungen, in Restaurants. Jedenfalls solange die Corona-Seuche noch mottet. Und da in den kommenden Wochen die Älteren die Geimpften sein werden und die Jüngeren die Ungeimpften werden wieder einmal die Älteren privilegiert sein. Ungerecht? Natürlich ist das ungerecht. Wie so Vieles und Schlimmeres auf der Welt. Doch warten wir’s ab; vielleicht, wenn eine neue üble Virus-Mutation uns heimsucht, die sich einen Deut um Impfungen kümmert, liegt der Vorteil bald wieder bei den Jüngeren. Vielleicht. Je nachdem, wer dann zuerst mit einem neuen, angepassten Impfstoff geschützt wird. Ja, sie verlangt uns viel ab, diese Pandemie. Sogar den Umgang mit Ungerechtigkeiten, für die wir niemandem die Schuld geben können.
Unterschiedliche Standpunkte: Wir sehen ein Reh, das die Strasse überquert. Das Reh sieht eine Strasse, die seinen Lebensraum durchquert.
Apropos unterschiedliche Standpunkte: Ein russisches Gericht verurteilt Nawalny zu drei Jahren Lagerhaft – aus Gründen, die wir schlecht nachvollziehen können. Die EU ist empört und verhängt Sanktionen (oder tut so). Die USA lassen Julien Assange jahrelang in der ecuadorianischen Borschaft schmoren und drohen ihm, genau wie Edward Snowden, mit lebenslanger Haft. Aus Gründen, die wir schlecht nachvollziehen können (beide waren Whistleblower und machten Kriegsverbrechen und illegale Überwachungen publik). Auch damals: Die EU war empört und verhängte … natürlich nichts. Dafür sind unterschiedliche Standpunkte ja da.
Der dumme Spruch am Ende: Es isch scho immer eso gsii.
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